Martin Sasse Trio & Steve Grossman: Take the “D” Train

Martin Sasse Trio & Steve Grossman
Take the “D” Train
Nagel Heyer 2103

Dennis Frehse Trio feat. Martin Sasse
Rollin‘
78Label (zu beziehen über dennisfrehse.com@gmail.com)

Der Kölner Pianist Martin Sasse hat sich über die letzten 15 Jahre zum führenden deutschen Mainstream Pianisten entwickelt, was seine neuesten Einspielungen eindrucksvoll belegen. Ob als einfühlsamer Begleiter von Sängerinnen oder Bläsern, als Leiter von Klaviertrios oder als Pianist in anderen Formationen – Sasse ist Garant für Swing, Emotion und hohes spielerisches Niveau. Den Saxofonisten Steve Grossman hat Sasse mehrfach in den letzten Jahren als Gaststar eingeladen. Der in Europa lebende Amerikaner wurde um 1970 als Nachfolger von Wayne Shorter in Miles Davis‘ Band international bekannt. Trotz einer Reihe bemerkenswerter Aufnahmen hob seine Karriere krankheitsbedingt nie so ab, wie seine spielerischen Fähigkeiten es verdient hätten. Umso erfreulicher dass der Tenorsaxofonist sich hier in guter Verfassung zeigt. Sein meisterliches Balladenspiel prägt Ellington’s „In a Sentimental Mood“ ebenso wie seine Komposition „Nicolette“, wobei Sasse ihm kongenial die musikalischen Bälle zuspielt. Schlagzeuger Joost van Schaik treibt Benny Golson’s „Stablemates“ gekonnt etwas schneller als üblich voran. Grossman zelebriert die Ohrwurm-Melodie, bevor Sasse zu einer inspirierten Improvisation abhebt, die in Bassist Henning Gailings gelungenes kurzes Solo übergeht. Grossman zählt Ellington’s „Take the Coltrane“ schnell an und gibt Sasse so eine Vorlage für sein immens swingendes Solo, bevor Grossman sich selbst in einen mitreissenden Improvisationsfluss begibt. Die CD swingt mit Cannonball Adderley’s „Wabash“ zu Ende, erneut mit guten Solos von Grossman und Sasse.
„Rollin‘“ ist eine Trio-Aufnahme unter Leitung des gebürtigen Hannoveraner Schlagzeugers Dennis Frehse, der nach mehreren Ausbildungsjahren in USA inzwischen in Japan lebt und arbeitet, aktuell in der Band der japanischen Saxofon-legende Sadao Watanabe. Diese Aufnahme entstand in Tokio. Auch in dieser Umgebung zeigt Sasse seine Qualitäten als Swinger, etwa als er im ersten Titel „Deggen McBobben“ den Bouncing Beat von Bassist Kengo Nakamura elegant aufgreift. Der gefühlvolle Balladenspieler Sasse kommt in „You Taught My Heart To Sing“ zum Vorschein, angenehm zurückhaltend begleitet von Nakamura und Frehse, oder auch in Coltrane’s „Naima“. Das sympathisch altmodisch swingende „Rosetta“ steht am Ende dieser gelungenen Einspielung.

Hans-Bernd Kittlaus 25.04.15

Nicolas Simion Quintet: Tribute to Jancy

Nicolas Simion Quintet
Tribute to Jancy
7dreams 7D-125 (zu beziehen über 7dreams Records)

Der Pianist und Komponist Jancy Körössy gehört zu Nicolas Simion’s erklärten rumänischen musikalischen Vorbildern. Dessen Musik hat der seit langem in Köln lebende Saxofonist diese CD gewidmet, die wenige Monate nach Körössy’s Tod 2013 im Kulturzentrum Arcub in Bukarest in exzellenter Tonqualität aufgenommen wurde. Körössy‘s Melodien lassen die osteuropäischen Wurzeln spüren, doch die Musik ist vom Jazz amerikanischer Provinienz geprägt. Simion spielt ausschließlich Altsaxofon und fegt inspiriert durch schnelle Bebop-Titel wie „Rhythm Changes“ oder „Bebop“, schmiegt sich aber auch gefühlvoll in Balladen wie „Jancy’s Ballad“. Hier wie auch in „Jancy’s Tune“ ergänzt sich sein Sound wunderbar mit Ryan Carniaux’s exquisitem Trompetenklang, der souverän die ganze Spannbreite von metallisch knackig bis warm und weich einzusetzen weiß. Pianist Mircea Tiberian beweist sowohl als Begleiter der Bläser wie auch in seinen Solos, warum er als einer der besten rumänischen Musiker gilt. Meisterhaft begleitet er Simion im Duo „Blues for Wladimir“. Die Rhythm Section mit Bassist Chris Dahlgren und Schlagzeuger Drori Mondlak überzeugt mit engem Zusammenspiel. Mondlak beflügelt die schnellen Stücke wie „Bebop“ mit feurigem Swing, gekonnt gesetzten Akzenten und prägnanten Solos, kann sich aber auch sensibel zurücknehmen, wenn die Musik es erfordert. Brilliant und quirlig treibt seine Rhythmusarbeit „Of, Of“, den abschließenden Titel der CD mit weiteren gelungenen Solos aller Beteiligten. Bei dem Konzert wäre man gern dabei gewesen.

Hans-Bernd Kittlaus 25.04.15

Andreas Schickentanz: Axiom

Andreas Schickentanz
Axiom
JazzHausMusik JHM 230

Eine komplette CD oder ein Konzert solo zu bestreiten erfordert Mut, viel Phantasie und gute Kondition. Das gilt besonders für ein Blasinstrument wie die Posaune. Andreas Schickentanz erfüllt diese Voraussetzungen. Der Kölner Posaunist improvisiert auf „Axiom“ über elf Eigenkompositionen. Da drängt sich gleich der Vergleich mit dem legendären deutschen Posaunisten Albert Mangelsdorff auf, dessen Solo-Auftritte von seinem mehrstimmigen Spiel geprägt waren. Doch Schickentanz beschreitet andere Wege. Er nutzt Aufnahmetechnik, um mit sich selbst in Dialog zu treten, zum Beispiel sehr gelungen in „Pausenbrot“. Das gibt ihm mehr Möglichkeiten zur Melodieführung und abwechslungsreichen Gestaltung. Außerdem verwendet er elektronische Effekte wie in „Häutungen“ oder „Nachtblind“, um Bilder und Stimmungen zu erzeugen, exzessiv genutzt in „Kurzwellen“. Sein natürlicher Posaunenklang, warm und wohlgeformt und technisch ausgefeilt, kommt besonders schön im ironisch betitelten „Zugzwang I und II“ zur Wirkung. Die CD belohnt konzentrierte Zuhörer mit Ausflügen in spannende Klangwelten und Experimente – nicht als Hintergrundmusik geeignet.

Hans-Bernd Kittlaus 25.04.15