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Kölner WinterJazz 2015 – Beitrag von Dietrich Schlegel

Auch wenn Angelika Niescier, preisgekrönte Saxophonistin, Komponistin und Bandleaderin, viel international unterwegs ist, bleibt sie ihrer – auch musikalischen – Heimatstadt Köln doch eng verbunden. Und es scheint ihr Ehrgeiz zu sein, diese Nähe nicht nur durch eigene Konzerte zu beweisen, sondern auch durch den von ihr initiierten und durch ihr weitverzweigtes Netzwerk auf hohem Niveau besetzten „Winterjazz“ – nun schon zum vierten Mal der Auftakt zur Kölner Jazz-Saison. Am 9. Januar wurden die auf einen langen Abend konzentrierten Auftritte der rund 60 Musiker in 20 Formationen auf fünf Bühnen wieder zu einem Highlight des Kultur- und Musiklebens der rheinischen Metropole, der neben Berlin wohl vitalsten Jazzmetropole Deutschlands. Aus der Stadtkasse gab es denn auch erneut einen gehörigen Zuschuss, ebenso vom Land NRW.

Der Eintritt war wiederum frei. Darauf legt Angelika Niescier auch großen Wert, denn sie möchte neben den Jazzfans auch junge Leute ansprechen, die unter dem Eindruck der geballten Jazz-Ladung sich neben ihren Pop-Vorlieben vielleicht auch dem Jazz zuwenden könnten. So war der Andrang des überwiegend jungen Publikums wiederum gewaltig und wuchs schnell zur drangvollen Enge an. Viele blieben auf dem einmal eroberten Stuhl einfach sitzen. Sie wurden im meist einstündigen Wechsel der Bands auch üppig bedient. Andere zogen den Wechsel vor, standen dann aber auch schon mal vor verschlossener Saaltür oder konnten die Menschentraube im Eingangsbereich nicht durchstoßen. Aber der Mengenfaktor beim Publikum und den Musikern gehört zum Ambiente des „Winterjazz“. So muss sich auch der Berichterstatter auf eine Auswahl der Auftritte beschränken, nicht nur aus subjektiven, sondern auch aus logistischen Gründen.
Mittelpunkt war mit seinen drei Bühnen wieder der „Stadtgarten“, der mit seinem bewährten Team unter Matthias von Welck Organisation und Koordination der sich zeitlich und räumlich überschneidenden Konzerte gewährleistete. Gleich der Opener im Restaurant hatte es in sich: das Trio „Punchin‘ Pigs“ mit dem innovativen Posaunisten Paul Hubweber, dem unorthodoxen Bassisten Joscha Oetz, der gerade mit seiner CD „Perfektomat“ Furore macht, und dem Alleskönner Jens Düppe an den Drums, heizten dem Publikum mit brodelndem Groove ein. Wer sich danach abkühlen wollte, wechselte hinüber in den Konzertsaal zum Quartett der feinsinnigen Altsaxophonistin Kristina Brodersen und des Pianisten Tobias Weindorf, mit Christian Ramond (b) und Hendrik Soll (dr), deren Spielauffassung eher intellektuell daherkommt, ohne verkopft zu wirken, dazu waren die eigenen Kompositionen zu melodiös, durchsetzt mit vor allem Weindorfs Ausflügen in heißere Gefilde.
Komplexer ging es im Keller, dem „Studio“, mit dem „Tria Lingo“ zu. Obwohl Johannes Lemke (as), André Nenza (b) und Christoph Hillmann (dr) seit zehn Jahren zusammen auftreten, überraschen sie immer wieder mit einer neuen Konzeption, deren eine feste Komponente jedoch die vor allem durch Hillmann eingebrachte ethnisch-exotische Couleur bleibt. Dann ein Sprung hinüber durch Sturm und Regen auf die andere Straßenseite ins Bistro „Zimmermann’s“, auch hier in einen überfüllten Keller, wo sich die Kölner Bassistin Ulla Oster unter dem Bandnamen „.Git Init“ mit zwei Gitarristen, Vincent Goritzki und Andreas Wahl, plus Ralf Gessler (dr) zusammengespannt hatte, um ihre Zuhörer einem klanglichen Wechselbad von kräftigen Grooves und mal schrillen, mal melodiös-sanften Klängen auszusetzen. Auch den anderen beiden hier gastierenden Bands – „Westinato“ mit dem E-Vibraphonisten Dierk Peters, Stefan Berger (db) und Rafael Calman (dr) sowie „Colonel Petrov’s Good Judgement“ mit Sebastian Müller (g), Leo Huhn (sax), Reza Askari (b), Nils Tegen und Rafael Calman (beide dr) – scheuten in ihren Performances nicht das avantgardistische Experiment, dem gelegentlich laut Programmheft ein „Funken Wahnsinn“ durchaus anhaftete.

Auch zur benachbarten, unplugged Duos vorbehaltenen kölschen Kneipe „Umleitung“ kam man nicht trockenen Fußes. Aber es lohnte sich, auch wenn für manche Gäste im Gedränge die Musiker zwar zu hören, aber nicht zu sehen waren, so der vielseitige und vielbeschäftigte Gitarrist Frank Wingold mit der vor Energie sprühenden französischen, in Köln lebenden Tenorsaxophonistin Christine Corvisier oder das dem Free Jazz verhaftete Gespann der – kein Paradoxon! – bewährten Erneuerer Carl Ludwig Hübsch (tu) und Matthias Schubert (ts). Immer neue Ideen hat auch der Schlagzeuger und Percussionist Jens Düppe, der nach dem Opener im Studio nochmal antrat, der Soundtüftler diesmal geerdet mit seiner Akustik Band, die seine eigene Kompositionen für die demnächst erscheinende Debüt-CD präsentierte. Mit dabei Frederik Köster (tp), Lars Duppler und nochmals Christian Ramond (b).

Im vollgepackten Konzertsaal hatte derweil die österreichische Ausnahmevokalistin Filippa Gojo mit ihren Mitstreitern Sebastian Scobel (p), David Andres (b) und Lukas Meile (perc) die Zuhörer in ihren Bann geschlagen Von ihren Songs, überwiegend selbst komponiert und getextet, sowie von den im Vorarlberger Dialekt ihrer Heimat vorgetragenen Volksliedern geht, getragen auch von ihrer anmutigen Bühnenpräsenz, ein eigener Zauber aus.

Das schon traditionelle Pianosolo im großen Saal in der Stunde vor Mitternacht bestritt diesmal die in den letzten Jahren zu souveräner Reife gelangte Laia Genc, die in ihren Kompositionen und Improvisationen Impressionen und Spielweisen von ihrem jüngst beendeten Studienaufenthalt in Istanbul einfließen ließ. Sie verharrte gleich am Flügel, um auch am letzten Konzert des Abends mitzuwirken. Außer ihr hatten sich Angelika Niescier, die Kontrabassisten André Nendza und Sebastian Raether sowie der Drummer Christoph Hillmann spontan versammelt, um ihren im November unerwartet verstorbenen Kollegen, den Vibraphonisten Rupert Stamm, mit seinen Kompositionen zu ehren. Diese Hommage war nicht nur ein bewegender Moment, sondern geriet überdies zum brillant gespielten und umjubelten Abschluss des so ereignisreichen „Winterjazz 2015“.

Beitragsbild von Gerhard Richter: Laia Genc

Altes Pfandhaus: Sechs spannende Konzerte innerhalb von 9 Tagen !! 10. bis 18. Oktober 2014

ALTES PFANDHAUS, Köln

Freitag, 10. Oktober 2014 | 20:00
Torsten Zwingenberger Quartett „BERLIN 21“

„TEASY“Torsten Zwingenberger – dr/perc | Patrick Farrant – git | Lionel Haas – p |  Martin Lillich -bassello

Der Schlagzeuger TEASY/Torsten Zwingenberger zählt zu den meistbeschäftigten Schlagzeugern der deutschen Jazzszene. Bei BERLIN 21 treffen Elemente aus Bebop und Hardbop, aus Soul, Latin und Afro Jazz aufeinander und verschmelzen zu einem aufregenden Klangerlebnis.
Mehr Informationen unter  https://www.berlin21.info

Samstag, 11. Oktober 2014 | 20:00
STEFAN BAUER QUINTETT – „VOYAGE“ – SPECIAL GUEST CHR. HABERER

Stefan Bauer  – vib, marimba | Michal Cohen  –  voice | Chris Bacas  –  ssax | Pepe Berns  – b |       Roland Schneider  –  dr | Gast: Christoph Haberer –  perc, ambient sounds

Der Sound von „Voyage“ wird eindrucksvoll dominiert von ungewöhnlichen Klang-kombinationen: Saxophon, Stimme, Vibraphon/Marimba und Bass zusammen mit Schlagzeug. Sie bilden den charakteristischen „Voyage“-Sound.
Mehr Informationen unter  https://www.stefanbauer.net

Sonntag, 12. Oktober 2014 | 20:00
PETER PROTSCHKA QUARTET – FEAT. RICK MARGITZA (USA)

Peter Protschka – tp/flh/comp. | Rick Margitza –  ts, comp. | Martin Sasse –  p | Martin Gjakonovski – b |   Tobias Backhaus –  dr

Der Kölner Jazztrompeter Peter Protschka hat sich für seine anstehende Tournee 2014/2015 eine Dreamband zusammengestellt, in der vor allem der großartige amerikanische Tenorsaxophonist Rick Margitza im Vordergrund steht. Es erwartet uns ein von Poesie und Energie getragenes Programm, das stilistisch im Post Bop anzusiedeln ist. Bekannte deutsche Jazzmusiker, u.a. Martin Sasse, sind mit von der Partie.
Mehr Informationen unter  www.peterprotschka.de

Dienstag, 14. Oktober 2014 | 19:00
Indiana Jazz – Bach meets Baker

Das „Indiana University Jazz Ensemble“:

Alle Plätze sind leider bereits belegt !!

Manuel Fischer-Dieskau, Mainz –  Violoncello | Guy Frisch, Luxemburg – Percussion | Monika Herzig, Indianapolis – Klavier | André Nendza, Köln – Bass | Dieter Schumacher, Stuttgart – Schlagzeug

Donnerstag, 16. Oktober 2014 | 20:00
Tobias Hebbelmann – LIP in Concert

Tobias Hebbelmann – p, keys, voc | Yannick Richter – git | Dominik Ehrl – b | Thomas Preuth – dr | Jan-Hendrik Hermann – perc | Marion Schmitz – voc | Sarah Elena Esser – voc

Mit einer Mischung aus Popsongs, internationaler Folklore, Kinderliedern, Jazzstandards, klassischen Werken und neuer Musik präsentiert der Pianist (und Student an der Hochschule für Musik und Tanz Köln ) Tobias Hebbelmann in seinem Abschlusskonzert unter dem Motto „LIP in Concert“ ein musikalisch anspruchsvolles, facettenreiches und unterhaltsames Programm.

Samstag, 18. Oktober 2014 | 20:00
KAROLINA STRASSMAYER & DRORI MONDLAK – KLARO!

Karolina Strassmayer – as | David Friedman – vibr | John Goldsby – b |  Drori Mondlak – dr |

Diesmal dabei sind neben dem langjährigen musikalischen Partner am Bass, John Goldsby, auch David Friedman, einer der ganz großen Vibraphon-Virtuosen, der kürzlich mit einem Lifetime Achievement Award ausgezeichnet wurde. Karolina Strassmayer als weltweit herausragende Altsaxophonistin spielt seit 2004 in der WDR Big Band Köln. Gemeinsam mit dem New Yorker Schlagzeuger Drori Mondlak leitet sie ihr Quartett KLARO!.
Mehr Informationen unter  www.klaromusic.com