Roman Babik Urban Wedding Band: 7479

Roman Babik Urban Wedding Band

7479

Eigenverlag (zu beziehen über www.urbanweddingband.com)

Es gibt in Deutschland eine größere Zahl von Jazz-Musikern mit ost- und südosteuropäischen Wurzeln, die ihre Kenntnisse und ihr Gefühl für osteuropäische Melodien, Harmonien und Rhythmen in den Jazz einbringen. Dazu gehören auch die vier Musiker der Urban Wedding Band, die allesamt schon lange in Deutschland leben oder im Fall von Roman Babik hier geboren wurden und seit 2012 in dieser Band zusammenwirken. Schon ihre erste 2013 erschienene CD „Hit“ ließ aufhorchen. Jetzt legen sie die zweite Scheibe vor genannt „7479“, einem Song-Titel, der laut Babik keinerlei Bedeutung trägt. Dieser Song demonstriert sogleich, dass hier keine weltmusikalische Beliebigkeit regiert. Vielmehr haben sich vier Vollblut-Jazzer gefunden. Die sieben Songs stammen aus der Feder von Pianist Roman Babik und zeichnen sich durch die Verbindung von eingängigen, aber nicht trivialen osteuropäisch geprägten Melodien und komplexen Rhythmen aus, die dem durchgängigen Swing Feeling keineswegs im Wege stehen. Meist trägt Saxofonist Dimitrij Markitantov, gebürtiger Ukrainer, die Melodie, während Bassist Martin Gjakonovski, der Mazedonier in Köln, und Schlagzeuger und Perkussionist Bodek Janke, polnisch-russisch verwurzelt, ein Feuerwerk aus Rhythmus entfachen. Die beiden ergänzen sich exzellent, wobei Gjakonovskis Bass häufig die Rhythmus-Arbeit übernimmt und so Janke Freiräume für kreative perkussionistische Akzente gibt. Das funktioniert auch umgekehrt, etwa bei Gjakonovskis schönem Solo in „Session Tune“. Roman Babik spielt im Anschluss ein zunächst abstraktes Solo, das dann in melodische Improvisation und machtvolle Akkorde à la McCoy Tyner übergeht. Hier hat auch Markitantov Gelegenheit zu einem ausgedehnten Solo, das an Coltrane erinnert. Insgesamt ein sehr stimmiges Werk, bei dem nur die pop-lastige Vokaleinlage des Sängers Simon Binkenborn in „Isra“ als Fremdkörper erscheint. Die Musik der vier Virtuosen der Urban Wedding Band dürfte auch Jazz-Fans gefallen, die weltmusikalischen Ansätzen sonst eher distanziert gegenüberstehen.

Hans-Bernd Kittlaus                    24.05.15

Nicolas Simion Quartet: Crazy World

Nicolas Simion Quartet

Crazy World

7dreams 7D-122

Auf „Crazy World“ zelebriert der Kölner Saxofonist und Komponist Nicolas Simion seinen Jazz mit osteuropäischen Einflüssen in einer wohlklingenden Live-Aufnahme aus der Philharmonie Bacau, Rumänien, vom September 2013. Simion verbindet sieben Eigenkompositionen mit drei Werken der Urväter des rumänischen Jazz, Jancy Körössy, Richard Oschanitzky und Johnny Raducanu. Oschanitzkys „You Wouldn’t Believe“ ist beispielhaft für diese CD mit reichhaltiger melodischer Grundlage, die Simion schwermütig gefühlvoll am Saxofon interpretiert und Sorin Romanescu zu einem gelungenen Solo an der akustischen Gitarre inspiriert. In Simions „Gluma“ geht das Quartett dann energisch post-boppig zu Werke mit vorantreibender Rhythmusarbeit von Bassist Sebastien Boisseau und Schlagzeuger Ralf Gessler. Simion, der Komponist, erst kürzlich mit dem WDR Jazzpreis für Komposition ausgezeichnet, demonstriert seine Kreativität mit „Corn Y Salsa“, einer originellen Verbindung von osteuropäisch gefärbter Melodie mit Salsa Rhythmus. Erneut überzeugt die Rhythmusgruppe mit abwechslungsreichem Drive, über dem Simion und Romanescu solistische Feuerwerke entfachen. Spannend auch „Harmolodic Snowden“ mit Simion am Sopransaxofon auf den Spuren von Ornette Coleman und Boisseau mit ausgedehntem Solo à la Charlie Haden. Erneut legt Simion hier einen eindrucksvollen Beleg seiner Klasse als Komponist und Saxofonist vor.

Hans-Bernd Kittlaus               24.05.15

Fuhr Brothers: Reconstruction

The Fuhr Brothers

Reconstruction

Fuhrwerk FWM 014

In einer Zeit, in der es zum Standard geworden ist, dass Jazz-Musiker überwiegend ihre eigenen Kompositionen spielen, hatten die Brüder Wolfgang und Dietmar Fuhr die gute Idee, diese CD komplett den Kompositionen anderer zu widmen. Dazu wählten sie Werke der Väter des deutschen Jazz Albert Mangelsdorff, Wolfgang Dauner, Gerd Dudek und Manfred Schoof, der auch den Covertext verfasste. Das beginnt schwungvoll mit Mangelsdorffs „Hot Hut“ über Jens Düppes abwechslungsreich treibender Rhythmusarbeit mit gelungenen Solos von Norbert Scholly an der Gitarre und Wolfgang Fuhr am Saxofon. Schoofs „Horizon“ inspiriert Wolfgang Fuhr zu einem freieren Solo über Schollys schwebenden Gitarrentönen und Düppes kräftigen perkussiven Farben, bevor Dietmar Fuhr zu einem wohlgesetzten Basssolo ansetzt. Mangelsdorffs „Elongate“ swingt fröhlich, während die Musiker in Schoofs „Old Ballad“ reflektiert dem melodischen Gehalt nachspüren. Was allerdings das Volkslied „Mägdelein“ in dieser Sammlung zu suchen hat, erschließt sich weder thematisch noch musikalisch. Ansonsten haben die Brüder Fuhr und ihre Band ihr Konzept, das Schoof als kammermusikalisch bezeichnet, konsequent und ausgewogen umgesetzt. Diese Musik fordert und belohnt konzentriertes Zuhören.

Hans-Bernd Kittlaus            24.05.15

JAZZ – O – RAMA IM ARTHEATER PROGRAMM IM JUNI

9.6.2015,  21:30h
International Non-Star Collective
„five players – five nations – high five“
Brad Henkel – Trompete
Frederik Leroux – Gitarre
Philipp Zoubek – Synths
Robert Landfermann – Bass
Dominik Mahnig – Schlagzeug

Artist in residence:
16.6.2015,  21:30h
Martin Gasser Quartett
“Einstandskonzertuum“
Martin Gasser – Saxofon
Felix Hauptmann – Piano
Alex Dawo – Bass
Leif Berger – Schlagzeug

23.6.2015,  21:30h
GOHF – GesslerOetzHoffmannFischer
“80’s TV Hit Explosion“
Tobias Hoffmann – Gitarre
Xaver Fischer – Keyboard
Joscha Oetz – Bass
Ralf Gessler – Schlagzeug

30.6.2015,  21:30h
PEHB
“Jazz mit Pehb Guardiola“
Jonas Engel – Altsaxofon
Dierk Peters – Vibrafon
Florian Herzog – Bass
Leif Berger – Schlagzeug